Die Sonne im H-Alpha-Licht
Auf dieser Seite finden Sie Information zur Beobachtung der Sonne im H-Alpha-Licht, dem dafür notwendigen Instrumentarium und zur Erfassung der Sonnenaktivität im H-Alpha-Licht.
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Ansprechpartner: Martin Hörenz, Berlin
Was ist "H-Alpha"?
Die Sonne strahlt ihr Licht fast vollständig in einer nur ca. 300 km dicken und ca. 5500 Grad Celsius heißen Schicht ab, die Photosphäre genannt wird. Dieses Licht wird als Weißlicht oder Integrallicht bezeichnet. Das Gas der Photosphäre absorbiert einen Teil des Lichtes bei festen Wellenlängen, die bestimmten Anregungszuständen der dort vorhandenen chemischen Elemente entsprechen.
Durch die Absorption eines Lichtquants mit einer Wellenlänge von 656,278 nm kann ein Elektron eines Wasserstoffatoms vom zweiten auf das dritte Energieniveau angehoben werden. Dadurch entsteht im roten Teil des Spektrums die dunkle Fraunhofer-Linie C.
Über der Photosphäre befindet sich eine weniger helle Schicht aus dünnerem Gas, die Chromosphäre. Dieses Gas emittiert aufgrund der höheren Temperatur in genau den Wellenlängen Licht, in denen es in der Photosphäre absorbiert wird. Weil die Gasdichte geringer ist, erfolgt die Abstrahlung aber in deutlich geringerer Intensität. Die stärksten Emissionen im sichtbaren Teil des Spektrums erfolgen dabei in der Fraunhofer-Linie C.
Diese Linie wird auch als H-Alpha-Linie bezeichnet. "H" steht für Wasserstoff, "Alpha" für die erste Linie in der Balmer-Serie des Wasserstoffs (d.h. Übergänge von einem höheren auf das zweite Energieniveau des Wasserstoffatoms, es gibt also auch H-Beta, H-Gamma etc.). Die Emissionen in dieser Linie sind damit auch farbgebend für die Chromosphäre. H-Alpha ist tief rot.
Im H-Alpha-Licht werden die Erscheinungen der Chromosphäre sichtbar. Hier ist die Sonne dynamischer und vielgestaltiger, als im Weißlicht. Normalerweise wird die Chromosphäre aber von der hellen Photosphäre überstrahlt. Daher müssen wir ein Instrument verwenden, mit dem das restliche (photosphärische) Sonnenspektrum ausgeblendet werden kann.
Die Bilder von Dirk Lucius zeigen einen Sonnenfleck, links im Weißlicht, rechts in H-Alpha. Das H-Alpha-Filter wurde etwas außerhalb des Linienzentrums eingestellt, wodurch auch Bewegungen des Gases in der Beobachtungsrichtung sichtbar werden, zum Beobachter zu oder weg. ("Doppler-Effekt").
Die Erscheinungen im H-Alpha-Licht
Protuberanzen sind am Sonnenrand als helle Erscheinungen erkennbar. Es handelt sich um Wolken aus teilweise ionisiertem Gas in der oberen Chromosphäre.
Protuberanzen sind meist in solaren Magnetfeldern gefangen. Bricht ein solches Feld auf, kann es zu spektakulären Eruptionen kommen. In solchen eruptiven Protuberanzen sind Veränderungen auch mit kleinen Instrumenten häufig innerhalb weniger Minuten sichtbar. Protuberanzen erreichen nur selten eine Höhe von 100.000 km oder mehr. Damit wirken sie im Vergleich zum Sonnendurchmesser oft recht klein.
Filamente sind mit den Protuberanzen physikalisch identisch, allerdings erscheinen Filamente vor der Sonnenscheibe dunkel (siehe Bild links). Protuberanzen erscheinen nur vor dem dunklen Hintergrund des Himmels hell, ein Effekt des Kontrasts. Tatsächlich ist die Helligkeit der Protuberanzen/Filamente geringer als die der Chromosphäre.
Auf der Sonnenscheibe erscheinen Filamente als dunkle, oft fadenförmige Gebilde. Größere Filamente sind manchmal sehr langlebig. Bedingt durch die Sonnenrotation können sie häufig vom Erscheinen am Ostrand bis zum Verschwinden am Westrand der Sonne beobachtet werden. Dann ist auch zu sehen, dass ein solches Filament am Sonnenrand in eine Protuberanz übergeht.
Protuberanzen und Filamente können auf der ganzen Sonnenscheibe auftreten. Besonders in der Zeit des Aktivitätsmaximums können Filamente erstaunliche Größen erreichen, Längen von mehreren 100.000 km sind dann keine Seltenheit.
Plages werden helle Gebiete im monochromatischen Licht genannt. Sie ähneln den Fackeln im Weißlicht, können aber auf der gesamten Sonnenoberfläche im H-Alpha- und vor allem im Calcium-II-Licht beobachtet werden.
Die Bildung von Plages erfolgt manchmal an Stellen, an denen sich ein bis zwei Tage später Sonnenflecken bilden. Daher sind Plages vor allem im Bereich der Fleckenzonen zu finden, in aktiven Gebieten. Plages können oft über mehrere Tage bis Wochen hinweg beobachtet werden, ehe sie infolge der Sonnenrotation am Westrand der Sonne verschwinden oder sich langsam wieder auflösen.
Das Chromosphärische Netzwerk ist ein relativ kontrastarmes Muster, das außerhalb der Aktivitätszentren auf der ganzen Sonne zu beobachten ist, vor allem während des Sonnenfleckenminimums. Das Chromosphärische Netzwerk tritt jedoch deutlicher in Erscheinung, als die Granulation im Weißlicht und ist bereits in den kleinsten verfügbaren Instrumenten zur H-Alpha-Beobachtung sichtbar.
Spikulen sind als kleine schnelllebige Spitzen am Sonnenrand sichtbar, die sich bei Vergrößerungen ab 40- bis 50-fach abzeichnen.
Sonnenflecken sind auch im H-Alpha-Licht sichtbar. Sie treten aber deutlich schwächer als im Weißlicht in Erscheinung, meist sind nur die Umbren der größeren Flecken zu sehen (siehe Doppelbild oben). Kleinere Flecken findet auch der aufmerksame Beobachter meistens nicht.
Flares können in den Aktivitätszentren auftreten, vor allem in größeren Sonnenfleckengruppen. Flares sind sehr helle Strahlungsausbrüche, die sich in wenigen Minuten verändern und nur Lebensdauern von Minuten, bei sehr starken Flares bis zu einer Stunde haben.
Die große Helligkeit, schnelle Veränderungen und geringe Lebensdauer unterscheidet Flares von den chromosphärischen Fackeln (Plages).
Das Bild von Dirk Lucius zeigt die typischen, sehr hellen "Flare-Bänder" im Bereich einer Sonnenfleckengruppe.
Instrumentarium
Ein Protuberanzenansatz war bis in die späten 1980er Jahre die einzige für den Amateur erreichbare Möglichkeit, die Sonne außerhalb von Sternwarten im H-Alpha-Licht zu beobachten.
Bei einem solchen Gerät wird die Sonne mit einem Kegel im Brennpunkt des Objektivs abgedeckt und Streulicht der Erdatmosphäre durch ein Rotfilter reduziert. Durch eine möglichst genaue Nachführung lässt sich die Sonne immer hinter dem Kegel halten, was durch die lang bauende Konstruktion aus Refraktor mit langer Brennweite und dem Protuberanzenansatz nicht ganz einfach ist.
Damit sind jedoch bestenfalls größere und hellere Protuberanzen am Sonnenrand zu sehen. Die Beobachtung ist zudem nicht ungefährlich.
Das Bild oben zeigt eine Protuberanz, beobachtet mit einem Protuberanzenansatz. Die Sonnenscheibe ist mit einer Kegelblende abgedeckt und ist deshalb schwarz.
H-Alpha-Teleskope und H-Alpha-Filter waren an größeren Sternwarten schon seit mehreren Jahrzehnten im Einsatz, aufgrund der hohen Anschaffungskosten für den einzelnen Amateur meist unerschwinglich. Seit einigen Jahren werden im Astronomiehandel durch Neuentwicklungen und Möglichkeiten zur Serienfertigung bereits ab ca. 1000 Euro kleine Komplettgeräte angeboten (Bild links). Diese verfügen über einen H-Alpha-Filter, so dass alle wesentlichen Erscheinungen fotografiert werden können.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, mit einem Spektrohelioskop die Aktivität der Sonne über das gesamte Spektrum der Sonne zu verfolgen. Die Geräte blenden aus dem Spektrum alles, außer der jeweils gewünschten Linie aus. Derzeit gibt es aber keine kommerziell angebotenen Spektrohelioskope. Die Geräte entstehen im Selbstbau, eine handwerklich, optisch und mechanisch anspruchsvolle Aufgabe.
Die H-Alpha-Relativzahl
Von verschiedenen Amateuren wurden in der Vergangenheit Versuche unternommen, die Sonnenaktivität im H-Alpha-Licht systematisch zu erfassen. Aufgrund des nicht verbreiteten Instrumentariums und des hohen Aufwandes haben solche Beobachtungsprogramme keine breite Akzeptanz gefunden. Dennoch wurden von einzelnen Amateuren interessante Ergebnisse erzielt und auch publiziert (z.B. die Protuberanzenrelativzahl durch H.Stetter).
Die H-Alpha-Relativzahl ist der erfolgreiche Versuch, die Sonnenaktivität in eine Zahl zu fassen, ähnlich wie die Sonnenflecken-Relativzahl. Grundüberlegung der Initiatoren Peter Völker und Ronal Stoyan war, dass die Sonnenaktivität im Weißlicht auch bereits durch die Erfassung der Sonnenfleckengruppen nachvollzogen werden kann.
Analog dazu werden mit der H-Alpha-Relativzahl alle Aktivitätszentren (als "Herde" bezeichnet) gezählt, die im H-Alpha-Licht sichtbar sind und mindestens eine Protuberanz, ein Filament oder ein Plage enthalten.
Das Bild oben zeigt, wie verschiedene "Herde" auf der Sonne aussehen und gezählt werden. Zur besseren Vergleichbarkeit mit der Weißlicht-Relativzahl wird die Anzahl der Aktivitätsherde abschließend mit dem Faktor 10 multipliziert.
Das Bild zeigt die H-Alpha-Relativzahl seit 2008, aus Beobachtungen unseres "H-Alpha-Netz". Sie zeichnet den Verlauf des allgemeinen Zyklus der Sonnenaktivität nach.
Die H-Alpha-Relativzahl beobachten
Zur Bestimmung der H-Alpha-Relativzahl gibt es eine Beobachtungsanleitung.
Ihre eigenen Beobachtungen der H-Alpha-Relativzahl können Sie über das Menü "Dateneingabe - H-alpha" mit einem Onlineformular eingeben und in die zentrale Auswertung schicken.
Die Ergebnisse werden halbjährlich in SONNE veröffentlicht (mit Nennung der Beobachter). Eine automatische und täglich aktualisierte Auswertung ohne Datenbereinigung finden Sie auf der Ergebnis-Seite.